Oxalsäurebehandlung
Drei Wochen nach dem ersten Frost ist die richtige Zeit für die Oxalsäurebehandlung, weil die Bienen dann aus der Brut gegangen sein sollten. Bei uns an der Nordseeküste verlaufen die Winter
meist mild und Frost ist selten. Am ersten Advent gab es aber bei uns auf dem Land leichten Frost und in der Stadt Emden, wo unsere Schulbienen noch geschützt im Innenhof stehen, näherten sich
die Werte nur dem Gefrierpunkt an, wie uns die Aufzeichnungen der Messdaten unserer Stockwaage verraten. Behandelt haben wir am ersten Weihnachtsfeiertag bei +3° C unsere 23 Bienenvölker am
Heimatstand und auf zwei Außenständen und am folgenden Morgen noch die vier Schulbienenvölker. Da mit Säure hantiert wird und ohnehin die Behandlung in die unterrichtsfreie Zeit fällt, sind keine
Schulkinder dabei, wohl aber mein eigener Sohn. Gerade, wenn Zargen bei der Behandlung angekippt werden müssen, bin ich dankbar, wenn man zu zweit ist. Es geht aber natürlich auch alleine.
Nach unseren Aufzeichnungen im Bestandsbuch, in das man die Behandlung stets gewissenhaft eintragen muss, schwankte der Zeitpunkt der Behandlung in den letzten fünf Jahren
zwischen dem 20. und dem 29. Dezember. Die Aufzeichnungen im Bestandsbuch sind nicht nur zur eigenen Orientierung wichtig, sondern dienen auch als Nachweis für die Angaben im Gesundheitszeugnis
der Bienen. Man kann sich Vordrucke zum Ausfüllen aus dem Internet herunterladen:
Vorlage Bestandsbuch Querformat
Vorlage Bestandsbuch Querformat farblich
Wirksamkeit
Wenn man mit der Behandlung in den Januar hineingerät, läuft man zunehmend Gefahr, dass die Behandlung aufgrund eines wachsenden Brutnestes weniger wirkt: Ab dem 21. Dezember werden die Tage
schon wieder unmerklich länger und wenn weitere Parameter, wie wärmeres Wetter, hinzukommen, fangen viele Völker schon wieder mit einem kleinen Brutnest an und acht Tage später sind die ersten
Brutzellen gedeckelt, in denen die Varroen sich geschützt vermehren können. Zumal bei den heutigen Nutzbienen oft Zuchteinschläge von Bienen südlich der Alpen (Italienerbiene) zu erkennen sind
und die Winter immer milder werden, wird es immer schwieriger, wirkliche Brutfreiheit der Völker abzupassen. Keinesfalls sollte man aber, wie oft zu lesen ist, die Völker im Winter
auseinanderreißen, um die Völker auf Brutfreiheit zu kontrollieren: Das würde mehr schaden als nutzen, da eine fest sitzende Bienentraube für den Behandlungserfolg wichtig ist. Wenn man einige
Tage vor dem geplanten Behandlungstermin die Bodenschieber reinigt, die bei uns ganzjährig geschlossen bleiben (siehe Bodenschieber), kann man auf diesen erkennen, ob frische Brutzelldeckel
herabgefallen sind. In der Regel reicht aber besagte Drei-Wochen-Regel nach dem ersten Frost als Faustformel für die Terminierung. Im Zweifel ist auch eine späte Behandlung oder eine Behandlung
trotz eines kleinen Brutnestes besser als gar keine.
Durchführung der Behandlung
Über das Anrühren, Aufziehen und Ausbringen der Oxalsäurelösung gibt es auf unserer Homepage schon eine ausführliche Anleitung: Winterbehandlung gegen die Varroa
Wichtig ist, bei der Winterbehandlung
ohne Rauch zu arbeiten: Der Smoker bleibt aus! Die Bienentraube soll möglichst wenig gestört werden. Bei Rauchzufuhr würden die Bienen zudem unnötig viel Futter aufnehmen und ihren Stoffwechsel
anregen, was auch den Darm belastet. Da die Bienen aber im Stock nicht abkoten, sollen sie gerade im Winter möglichst wenig gestört werden und schon gar nicht durch Rauch zur Futteraufnahme
animiert werden. Im Sommer macht die Rauchzufuhr eher Sinn: Die Bienen füllen bei Brandgefahr ihre Honigblasen und stellen sich auf die Evakuierung des Stocks ein. In diesem Modus zeigen sie kaum
Abwehrreaktionen. Wer friedfertige Bienen hält, lässt aber ohnehin häufig den Smoker aus.
Die mit Zucker fertig angerührte Säure-Lösung muss umgehend aufgebraucht werden, da sich zunehmend das für Bienen schädliche HMF bildet.
Wichtig ist im Umgang mit Säuren die richtige Schutzkleidung, wozu mindestens beim Ausbringen säurefeste Schutzhandschuhe gehören. Die eigentliche Behandlung pro Volk ist eine Minutensache und
wird in nachstehendem Video demonstriert. Wenn die Bienentraube nicht so schön im oberen Magazin sitzt, muss man die obere Zarge ankippen.
Auf die Spritze haben wir einen Pipettenaufsatz gesetzt, um den Tröpfchen-Strahl feiner aufbringen zu können.
Weitere Behandlungsschritte
Nach der Behandlung ist vor der Behandlung: Die Behandlung der Bienenvölker mit Oxalsäure (s.o.) wird oft auch als "Restentmilbung" bezeichnet. Ganz varroafrei wird ein Bienenstand jedoch nie,
weshalb diese Bezeichnung irreführend ist. Spätestens im Frühjahr nimmt die Varroaentwicklung in den Völkern mit zunehmendem Brutgeschäft der Bienenvölker auch wieder Fahrt auf. Über den Grad der
Reinfektion durch den Verflug fremder Bienen und durch den Zulauf fremder Drohnen gibt es unterschiedliche Angaben. Das hängt natürlich auch stark von der Bienenvolkdichte in der jeweiligen
Region oder von der Anzahl der Bienenvölker am eigenen Stand ab. Auch aus Verantwortung für umliegende Bienenstände anderer Imkereien gehören weitere Bekämpfungsmaßnahmen der Varroa daher zum
gewissenhaften Standardprogramm gut geführter Imkereien.
Drohnenbrutentnahme
Wir arbeiten mit zwei Drohnenrahmen, die jeweils nach dem Deckeln der Brut entnommen und eingeschmolzen werden, um den Varroadruck in den Völkern im Frühjahr zu reduzieren. Das restlose Entfernen
aller Drohnenbrut, etwa auch an den Rändern der Arbeiterrinnenbrut, ist aber gar nicht erforderlich oder gewünscht, da die Drohnen auch für die Volksharmonie wichtig sind. Nach meiner
Überzeugung, auch wenn ich dazu keine Forschung kenne, geben sie Pheromone an die Arbeiterinnen ab, die sie im Gegenzug willig füttern. Durch das Einschmelzen der Drohnenbrutrahmen wird viel
wertvolles Bienenwachs gewonnen.
Behandlung mit Ameisensäure
Längst hat sich die Sommerbehandlung mit Ameisensäure gegen die Varroa in der Imkerei durchgesetzt. Es kommen dabei jedoch ganz unterschiedliche Hilfsmittel zur Anwendung, über welche die Säure in den Völkern verdunsten soll. Auch wird bisweilen vom unbedarften Säureeinsatz abgeraten, wenn nur eine niedrige Varroabelastung über den natürlichen Milbenfall angenommen werden kann. Dr. Pia Aumeier gibt in ihren Anleitungen dazu genaue jahresabhängige Schadschwellen an, die für Vollvölker und Ableger noch einmal differenziert werden. Den Ansatz finde ich sehr sympathisch und bienenschonend, er setzt aber auch eine sehr gewissenhafte Gemülldiagnose des Bodenschiebers voraus.
Wir sind davon wieder abgekommen und behandeln lieber alle Bienenvölker, um sicher zu gehen. Bei Reihenaufstellung, die bei uns zumindest noch teilweise üblich ist und unserem starken
Nordseewind, der sicherlich den Bienenverflug beflügelt, scheint die Behandlung nur einzelner Völker doch schwierig.
Auch sind wir von der Anwendung mit Verdunstern spezieller Bauart abgekommen: Die Befüllung und Verdunstungskontrolle ist bereits recht aufwendig. Schwierigkeiten bereitet aber auch das
Platzschaffen für das Leerrähmchen oder gar die Bereitstellung einer Leerzarge.
Seit vielen Jahren nutzen wir daher einfach die Schwammtücher, die in jedem Discounter günstig erworben werden können. Die Handhabung mit ihnen ist deutlich einfacher und wird in unten stehendem
Erklärvideo näher erläutert.
Alle hier genannten Methoden (Oxalsäure- und Ameisensäureanwendung sowie Drohnenbrutentnahme) können als biologische Behandlung vertreten werden. Wir führen jedoch keine Brutdistanzierung durch
das Käfigen der Königin durch. Vielmehr kann man durch Kunstschwarmbildung oder Königinnenableger auch so für eine Brutpause im Altvolk sorgen.
HINWEIS (Nachtrag 7.1.23):
Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung über Tierarzneimittel im Januar 2022 ist die hier beschriebene Schwammtuchmethode nach entsprechenden Übergangsfristen nicht mehr legal. Die Verordnung, die am 7.1.19 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde und nachstehend verlinkt ist, regelt "Inverkehrbringen, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Vertrieb, Pharmakovigilanz, Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln" (Artikel 1). Dort ist in Artikel 108 auch festgehalten, dass über die Anwendung der Arzneimittel genau Buch zu führen ist (s.o.). Artikel 106 (1) besagt: "Tierarzneimittel werden in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen angewendet". Für uns ist demnach die Standardzulassung der 60%igen Ameisensäure ausschlaggebend, die beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einzusehen ist. Sie kann dort als PDF heruntergeladen werden und auch diesen Link stellen wir hier zur Verfügung.
Welche Lobbyisten bei dieser Standardzulassung die Feder geführt haben, mögen sich die Insider selbst erschließen, denn lt. neuer Regelung darf die Ameisensäure nur noch "mit Hilfe eines geeigneten Applikators" (8.2) angewendet werden. Was die Standardzulassung unter einem "geeigneten Applikator" versteht, wird unter 9.7 genau beschrieben: "[...] Vorrats- und Verdunstungsbehälter stehen über eine unmittelbar über dem Boden angeordnete Öffnung (Auslaufbereich) in Verbindung. Ein abnehmbarer Deckel schließt den Verdunstungsbehälter ab, damit keine Bienen oder Fremdkörper in den Verdunstungsbehälter gelangen können. Der Deckel ist mit einem Schlitz für die Verdunstungsfläche versehen. Der Applikator wird vor der Anwendung im Bienenvolk in einem Leerrahmen durch vorgegebene Lochungen angeschraubt und über die Öffnung in der Seitenwand mit Ameisensäure 60% befüllt. In den Auslauf- und Verdunstungsbehälter des Applikators wird dann die Verdunstungsfläche aus Papierfilz (Material: Holzschliffpapierfilz, Dicke: 1,5 mm) eingeschoben. [...]" Die allermeisten Verdunster fallen nicht unter diese explizite Beschreibung, so auch nicht der Applikator, den es extra für das Schwammtuch gibt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Standardzulassung fortentwickelt.
Handhabung der Schwammtücher
Die Behandlung der Bienenvölker mit gekühlter 60%iger Ameisensäure beginnt in der Regel unmittelbar nach dem Auffüttern. Die Säurebehälter werden zuvor im Kühlschrank gelagert, um ein zu
plötzliches Verdampfen im warmen Bienenstock zu vermeiden.
Bei zu hohen Außentemperaturen und Bienenvölkern, die der Sonne ausgesetzt sind, muss man dennoch Königinnenverluste durch das zu plötzliche Verdunsten befürchten und zögert ggf. die Behandlung
noch weiter hinaus. Besondere Vorsicht ist bei Magazinen mit Teerpappendeckel geboten, die sich in der Sonne stark erhitzen können.
Bei zweizargigen Völkern rechnen wir 40ml, bei Ablegern entsprechend weniger (ca. 2ml/Wabe). Die Fluglöcher, die während der Fütterung verengt waren, müssen nun wieder geöffnet werden, damit sich
die Säure nicht im Volk staut!
Die Tücher werden nach vier bis fünf Tagen gewechselt und wir behandeln i.d.R. dreimalig über einen Zeitraum von vierzehn Tagen. Auch wenn die Ameisensäure selbst durch die Zelldeckel in der
gedeckelten Brut wirken soll, stellen wir so sicher dass der Zeitraum der Verdeckelung überbrückt wird.
In folgendem Video wird die Varroabekämpfung mit Ameisensäure gezeigt:
Pleiten, Pech und Pannen
(Nachtrag/Sonderbonus zum 1.1.21)
Nicht immer klappt es so schön, wie auf dem vorherigen Video gezeigt. In einem Fall erlebten wir letzten Sommer beim Abräumen des leeren Futtereimers eine ziemliche Überraschung. Wir wollten eben
mal so ohne Rauch und Wasser den Futtereimer abnehmen und das Schwammtuch mit der Ameisensäure auflegen...
Wohl dem, der brave Bienen hat!
vSa