Kastanie als Haupttracht im Mai
Ende April erblühte bei uns in Ostfriesland dieses Jahr bereits die Kastanie (Aesculus hippocastanum) und bildet z.Z. noch die Hauptquelle für unsere Bienen. Sie gilt als guter Trachtbaum und wird mit dem Wert "3" sowohl als Nektarlieferant als auch für Pollen auf einer Skala von 1=gering bis 4=sehr gut von Günter Pritsch angegeben (vgl. Günter Pritsch: Bienenweide. 200 Trachtpflanzen erkennen und bewerten, Stuttgart 2007, S. 111 sowie ders. als Co-Autor im Lehrbuch von H. Kettner: Grundwissen für Imker. Lehrbuch für die sozialistische Berufsausbildung, Ost-Berlin 1981, S. 161). In so trockenen Frühjahren, wie auch in diesem, können große Bäume, die entsprechend tief Wurzeln, mehr bewirken als so manches Blühfeld. Maurizio und Schaper schreiben in ihrem Trachtpflanzenbuch: "Die Roßkastanienblüten sondern große Mengen hochkonzentrierten Nektars ab. Es werden in 24 Stunden je Blüte 1,0-5,0 mg Nektar mit einem Zuckergehalt von 40-76% abgesondert, was einer täglichen Zuckerproduktion von 0,6-2,7 mg entspricht." (Anna Maurizio und Friedgard Schaper: Das Trachtpflanzenbuch. Nektar und Pollen - die wichtigsten Nahrungsquellen der Honigbiene, München 1994(4), S. 273). Die Rosskastanie gilt auch als Kittharzlieferant, den die Bienen vor allem im Herbst an den schon neu gebildeten Knospen sammeln. Zur Zeit erkennt man den guten Kastanienbesuch daran, dass die Bienen mit ziegelroten Pollen in den Stock fliegen. In einem früheren Beitrag habe ich den Baum bereits vorgestellt: Rosskastanie
Obstblüte endet
Die Frühjahresentwicklung war dieses Jahr besonders früh: Die Hasel blühte bereits im Januar, Ende Februar folgten Schlehe und Wildkirsche.
Die Pflaumen und Birnen erblühten Ende März. Die Kirschbäume erblühten um den 12. April und verblühten nach etwa drei Wochen Anfang Mai. Jetzt, in der vorletzten Maiwoche, blühen von den Obstbäumen nur noch späte Apfelsorten.
Durch die sehr zeitige Frühjahresentwicklung in diesem warmen Frühjahr 2020 zieht sich das Trachtangebot für die Bienen bereits über einen langen Zeitraum, während in anderen Jahren bei spätem Blühstart plötzlich alles gleichzeitig erblüht. Insofern können Imkereien dankbar sein, wäre es nicht so trocken gewesen: Der Nektarfluss schien bisweilen recht spärlich trotz großer Blütenpracht, was vor allem beim gelben Blühfeld (Raps, Rübsen und/oder Senf), das unser Landwirt als Zwischenfrucht anbaute, an den hängenden Köpfen zu sehen war. Das eine Feld wurde bereits Ende April umgepflügt, um der Aussaat von Mais Platz zu machen. Das andere Feld hat er uns zu Liebe stehen lassen, da dort anschließend lediglich Grünland (Weidegras) wachsen soll und es daher nicht so eilt. Aber auch dieses Feld ist nun fast gänzlich verblüht.
Frostschäden nach den Eisheiligen (11.-15.5.20)
An etlichen Pflanzen, wie z.B. der Walnuss oder Kiwi konnte man nach den Frostnächten deutliche Laubschäden sehen und inzwischen haben die Pflanzen sogar schadhafte Blätter abgeworfen. Sie scheinen sich aber schnell wieder zu erholen.
Gundelrebe und Taubnesseln
Nektar (kaum Pollen) bieten auch die unscheinbar im Halbschatten von März bis Mai blühenden Lippenblütler Gundelrebe sowie auch die Verwandten und ähnlich aussehenden Taubnesseln, die von April bis August fast den ganzen Sommer durchblühen und samtigere bzw. haarigere Blätter sowie etwas andere Blüten haben und höher wachsen. In überpflegten Gärten kommen beide leider kaum vor und haben schon aufgrund ihrer geringen Menge für die Imkerei weniger Bedeutung. Günter Pritsch gibt in seinem o.g. Buch "Bienenweide" auf S. 89 den Nektarwert für die purpurrote Taubnessel mit "2" (mittel) und den Pollenwert mit "1" (gering) an, während Maurizio und Schaper in ihrem Trachtpflanzenbuch (Quellenangabe s.o.) den Taubnesselblüten "beträchtliche Nektarmengen" (S. 228) zuschreiben und das für die weiße Taubnessel (lamium album) mit 2 bis 2,7 mg pro Tag (24 h) belegen, was mengenmäßig mit einer Kastanienblüte (s.o.) mithalten kann. Allerdings ist die Zuckerkonzentration mit 29 bis 38% (vgl. Maurizio u. Schaper S. 228) deutlich geringer. Für die Gundelrebe bzw. den Gundermann, wie sie auch genannt wird, finden sich bei Pritsch die gleichen Trachtwerte wie für die Taubnessel, nämlich geringe Pollenwerte und mittlerer Nektarwert (vgl. Pritsch2007, S. 138/139). Ich selbst konnte beobachten, dass an warmen und trockenen Tagen vorzugsweise langrüsselige Hummeln die tiefen Kelche der Gundelrebe besuchen, während bei genügend Bodenfeuchtigkeit durchaus auch die Bienen gerne an den Blüten naschen.
Weißdorn
Die emsigen Bienen suchen je nach Bedarf auch das weitere Umfeld ab. Bei uns an den Feld- und Wegesrändern blüht hier und dort auch zur Zeit der Weißdorn, der aber für Bienen weniger attraktiv als die zeitgleich blühenden Kastanien ist. Pritsch gibt die Werte für Nektar und Pollen des Weißdorns jeweils mit "2" (mittel) an (vgl. Pritsch 2007, S. 110). Vorsicht bei Zuchtformen für den Garten: Ein Nachbar hat Rotdorn-Bäume, die gefüllte Blüten besitzen und somit für die Bienen nicht mehr taugen, obwohl sie weithin leuchten: Nektarquelle und Staubgefäße sind nicht zugänglich!
Cotoneaster
Deutlich stärker werden da schon die kleinen unscheinbaren Blüten des Cotoneasters (Zwergmispel) beflogen, der vereinzelt hier in den Gärten wächst. Im Odenwald, wo wir bis 1999 wohnten, hatten wir am gesamten Grundstück entlang einen cotoneaster-bewachsenen Hang, in dem unsere Bienen Jahr für Jahr mächtig summten. Hier in Ostfriesland stehen nun nur vereinzelte Büsche, die vor allem wegen des schicken roten Perlenbesatzes als Zierde dienen. Die wenigen Pflanzen haben als Nektarquelle daher kaum Bedeutung, obwohl ihr Nektarwert von Pritsch (aaO, S. 110) mit "4" (sehr gut) angegeben wird.
Rhododendron
Die Rhododendronhecke, die auf dem Bild noch so schön weiß vor unserem Haus blüht, ist nun, in der vorletzten Maiwoche, gerade verblüht. Andere, dunkle Rododendronbüsche hinterm Haus haben sich aber nahtlos mit ihrer Blütenpracht angeschlossen. Die Rhododendren und Azaleen wachsen hier auf dem moorigen und sauren Boden vorzüglich, denn sie vertragen keinen Kalk. Wer die Büsche mit Kalk düngt, macht sie kaputt! Die Blüten brummen herrlich voller Hummeln, während sich Bienen weniger an ihnen vergreifen, da die Kelche sehr lang sind und der Nektar schwer zugänglich ist. Unsere langrüsseligen Bienen gönnen sich dennoch gerne mal einen Rhododendronschluck:
Löwenzahn
Der würzig gelbe Löwenzahnhonig ist herrlich und bildete an früheren Wohnorten eine unserer Haupttrachtquellen. Nun müssen wir seit über zwei Jahrzehnten, seit dem wir in Ostfriesland imkern, auf eigene Löwenzahntrachten verzichten. Es ist nur mageres Beiwerk in unserem Frühtrachthonig, da er auf den stark bewirtschafteten und überdüngten Wiesen kaum eine Chance hat. In diesem trockenen Frühjahr fanden sich dennoch einige dieser Pfahlwurzler, die sich gegen das fette Gras durchsetzen konnten. Allerdings währte die Blüte bei der Hitze nur kurz und längst zieren Pusteblumen die wenigen Stellen. Im Odenwald war allein durch die Hanglage die Blühdauer doppelt so lang, denn wenn die Südhänge verblühten, erblühte der Löwenzahn am Nordhang, so dass die Bienen weiter fündig wurden.
vSa/Mi