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Honigernte

Um es vorweg zu sagen: Die Honigernte 2018 war trotz oder gerade wegen der großen Trockenheit in diesem Jahr für unsere Verhältnisse recht gut. Zwar steht die Ernte zum großen Teil noch in Fässern (Hobbocks), aber wir konnten vier Mal schleudern: Im Mai den Frühtrachthonig aus dem Raps und fast gleichzeitig den vom Heimatstand (vornehmlich Obstblüte), dann bereits am 1. Juli die Sommertracht, die bei uns fast ausschließlich von der Linde stammt, und schließlich noch etwas ganz dunklen Blatthonig.

 

Unser Mathis hält stolz eine volle Honigwabe in die Kamera. Wenn die Wabe großflächig "gedeckelt" ist, ist der Honig "reif" zur Ernte.

 

Trachtverhältnisse in Ostfriesland:

Dennoch kann man in Ostfriesland nicht die Mengen erwarten, die wir aus früheren Regionen gewohnt sind (vgl. "über uns"). Im Jahresbericht des Deutschen Imkerbundes e.V. werden die vergleichsweise "guten" Honigerträge 2018 für unsere Region "Weser-Ems" mit 20 kg/Volk angegeben, was den zweitniedrigsten Wert aller Landesverbände bildet, während der Landesverband "Baden" mit 57 kg/Volk die Hitliste anführt (vgl. bienen&natur 11.2018, S.3 im Verbandsnachrichtenteil). Das hängt ganz wesentlich mit der hiesigen Landwirtschaft zusammen, die das Weidegras hochdüngt und ständig für Silagezwecke abmäht (Milchviehwirtschaft), bevor eine Blume blühen kann. Ansonsten bestimmen Maisfelder die Landschaft, die bekanntlich auch keinen Nektar spenden und bestenfalls spät im Jahr als fragwürdiger Pollenlieferant einen bescheidenen Nutzen für die Imkerei bieten. Die Imkereien in Ostfriesland schöpfen ihre Honigerträge daher zum großen Teil aus den Rapsfeldern des Frühjahrs, die man i.d.R. gezielt anwandern muss, und sind ansonsten auf lokale Trachtnischen angewiesen, wie bei uns schöne alte Lindenbäume und nahe gelegene Naturschutzbereiche. Andere behelfen sich mit "Fernwanderungen" in weit entfernte Trachtgebiete und fahren ihre Bienen teils über mehrere hundert Kilometer, was natürlich wieder ökologische Fragen aufwirft und die Bienen zusätzlich stresst. Wir bleiben da lieber beim regionalen Produkt.

 

Vom Unsinn des Vergleichens:

Die vom Imkerbund veröffentlichten Ertragswerte sind natürlich nur bedingt aussagekräftig,  solange die verschiedenen Parameter nicht genauer reflektiert werden, die einer solchen Statistik zugrunde liegen. Man darf sie nicht einfach vergleichend auf die eigene Imkerei und andere übertragen. Auch hier gilt der Grundsatz "Wer misst, misst Mist". Zu schnell triumphiert der eine Imker mit seinen vermeintlichen Turbo-Bienen über einen anderen oder jemand ist fälschlicher Weise resigniert. Meist sind schon die Standortbedingungen kaum vergleichbar. Eine Hauptursache für unterschiedliche Ertragswerte bildet aber oft schlicht die unterschiedliche Bezugsgröße: Während die einen alle Bienenvölker, auch die Reserve-Ableger, mit denen sie in den Winter gegangen sind, beim Verband melden und auch bei der anschließenden Honigernte in Relation setzen, zählen die anderen nur die "Wirtschaftsvölker", die sie oft sogar aus zwei zusammengewürfelten Kleinvölkern im Frühjahr bilden, um starke Völker für die Frühtracht zu haben.

 

Problematische Großvölker:

Ohnehin bleibt fraglich, ob besonders starke und ertragreiche Völker überhaupt wünschenswert sind. Ich selbst sehe das recht kritisch und wünsche mir zumindest keine "Mammut-Völker": Oft brüten diese Völker im Winter fast durch und bieten somit auch eine kaum zu handhabende Brutstätte für die Varroa-Milbe. Außerdem binden sie fast die gleichen Betriebsmittel wie zwei kleine Völker, die aber viel leichter zu handhaben sind. Wenn ich zur Schwarmkontrolle an den Brutraum will, möchte ich nicht erst mehrere Honigräume abheben müssen. Das ist, gerade wenn man mit Kindern imkert, schlecht handhabbar. Ideal ist nur eine Honigraum-Zarge, in Massentrachten braucht man auch einmal zwei, so dass das Volk insgesamt auf maximal vier Zargen sitzt (zwei für den Brutraum, ein bis zwei für den Honigraum)! Im Verein erzählte mir dieses Jahr aber stolz ein Imker, dass er ein riesen Volk auf sechs Zargen sitzen hatte. Während der mit der Trittleiter die oberste Zarge abräumt, habe ich es leichter: Ich nutze die sechs Zargen lieber für zwei dreizargige Völker. Vielleicht brauche ich ein paar Böden und Deckel mehr, ernte aber wahrscheinlich auf die Arbeitszeit gerechnet genauso viel Honig. Bei den Bienen ist es eben anders als beim Bauern mit den Großvieheinheiten, die rechtlich auf die zur Verfügung stehende Hektarfläche begrenzt sind: Dort macht der fragwürdige Trend zur Zucht einer Leistungskuh, die fast nur noch aus Euter besteht und kaum noch in den Stall passt, zumindest ökonomisch und auch arbeitstechnisch (Melkstand) noch einen gewissen Sinn. Beim Hobby-Imker ist es aber relativ egal, ob er 10 oder 20 Völker hält. Das ist weder steuerrechtlich relevant, noch greift hier die Verpackungsverordnung usw. Für mich ist Volksstärke daher nebensächlich. Entscheidend ist (auch für Zuchtzwecke) die Friedfertigkeit der Biene. Friedliche Bienen sind leicht und schnell (auch angstfrei von Kindern) zu bedienen und von solchen Völkern kann man auch gut Honig ernten! 

 

In Bodenmitte der Schleuder befindet sich die Achsaufnahme für den Schleuderkorb, die abgedeckt werden sollte und nicht gespült werden darf (Schmierfett).
In Bodenmitte der Schleuder befindet sich die Achsaufnahme für den Schleuderkorb, die abgedeckt werden sollte und nicht gespült werden darf (Schmierfett).

Hygiene steht obenan!

Bevor es mit dem Schleudern losgehen kann und man überhaupt zu den Bienen kommt, muss alles im Schleuderraum hergerichtet und vorbereitet sein. Im Internet kursieren so viele Videos, in denen Honig auf abenteuerliche Weise gewonnen wird: Da müssen Garagen, Heizungskeller und Wohnzimmer herhalten. Wer Honig aber nicht nur selbst verzehrt, sondern auch weiterreicht und verkauft, sollte die Hygiene-Standards einhalten: Für uns war es daher klar, dass wir im Bienenhaus auch einen eigens dafür vorgesehenen Schleuderraum bauten. Dieser hat natürlich einen eigenen Wasseranschluss und Boden sowie Wände sind gefliest. 

 

Im Schleuderraum sollte ein Wasseranschluss mit Schlauch vorhanden sein,

um die Großgeräte, wie die Schleuder und Abfüllkannen, leichter ausspülen zu können.

Der Bodensiphon ist als Gully in einer tiefen Mulde eingelassen, damit sich ein "Becken" bildet. Um den Bereich fliesen zu können, habe ich Bodenfliesenreste zertrümmert und daraus ein Mosaik gefliest.
Der Bodensiphon ist als Gully in einer tiefen Mulde eingelassen, damit sich ein "Becken" bildet. Um den Bereich fliesen zu können, habe ich Bodenfliesenreste zertrümmert und daraus ein Mosaik gefliest.

 

 

Ein ordentlicher Bodenabfluss im Schleuderraum

erleichtert die Arbeit ungemein: Die Eimer müssen

nicht mehr zum Spülbecken hochgehoben werden

und der Boden lässt sich auch leichter nass wischen.

Mit einem Abzieher

kann das Wasser 

einfach zum Abfluss

geschoben werden.

 

Da ist alle Kleckerei nur halb so wild.

Die Honigwabe wird erst bei der Entnahme von Bienen befreit.
Die Honigwabe wird erst bei der Entnahme von Bienen befreit.

Erst, wenn alle Spinnweben von der Decke gesaugt sind, alle Kacheln und Flächen noch einmal gewischt, alle Geräte, die seit dem letzten Jahr auf ihren erneuten Einsatz warteten, noch einmal gespülte sind, erst dann kann endlich die große Honigernte kommen. Da können die Kinder schon einmal ungeduldig werden und Papa darf oft alleine fertigschrubben.

 

Entnahme der Honigwaben

Die Entnahme der Honigwaben aus dem Honigraum erfolgt bei uns ohne Bienenfluchten! Das heißt, dass die Bienen bis zur Ernte die Waben belagern und der Honig somit nicht "unbeaufsichtigt" im Volk bleibt. Vom Einlegen sogenannter Bienenfluchten halten wir nicht viel: Ein Zwischenbrett mit Schleuse lässt bei solchen Systemen die Bienen nicht mehr in den Honigraum gelangen, so dass sich dieser langsam von Bienen leert und der Imker die Waben leichter entnehmen kann. Auch setzen wir keine lautstarken Gebläse oder Ähnliches ein, sondern schütteln und fegen die Bienen mit einer Feder oder einem Naturborsten-Feger erst bei der Entnahme von der Wabe. Dazu heben wir zunächst die Honigraum-Zarge ab und stellen sie neben das Volk z.B. auf den umgedrehten Beutendeckel. An die Stelle des Honigraums kommt eine Leerzarge, in die nun die Bienen aus dem Honigraum Wabe für Wabe geschnickt und gefegt werden. Die so von Bienen befreiten Honigwaben werden sofort in einer bereitstehenden Zarge unter Verschluss gehalten und dann mit dieser in den Schleuderraum getragen.

Die Honigwaben, die am Rande des Brutraumes hängen, bleiben als Vorrat für die Bienen unangetastet: So leiden die Bienen nie Not, auch wenn die nächste Tracht z.B. wetterbedingt auf sich warten lässt. Auch brauchen wir nicht so viel Zuckerwasser für den Winter aufzufüttern, wenn wir den Bienen eigenen Honig belassen.

Das Entdeckeln erfolgt stets von unten nach oben: Das entspricht auch der Neigung der Zellen und minimiert die Verletzungsgefahr.
Das Entdeckeln erfolgt stets von unten nach oben: Das entspricht auch der Neigung der Zellen und minimiert die Verletzungsgefahr.

 

Entdeckeln

Die Honigernte ist bei uns familiäre Gemeinschaftsarbeit. Während ich meistens mit einem der Söhne an den Bienen stehe, trägt der Große (Micha) die Zargen in den Schleuderraum und der jüngste Imker entdeckelt bereits eifrig. Das heißt, dass die Wachsschicht auf den Zellen, die die Bienen zum Konservieren aufgelegt haben, wieder mit einer Entdecklungsgabel von unten nach oben entfernt wird, um den Honig freizulegen.

Auch wenn sich die Brüder bei der Honigernte gegenseitig helfen, so werden die Völker in Etappen abgeerntet und die Waben fein auseinander gehalten, damit jeder "seinen" Honig für die eigene Taschengeldkasse auch verkaufen kann.

Blick in unsere Vier-Waben-Tangential-Schleuder. Die Laufrichtung muss immer in Richtung Unterträger gehen, da die Zellen nach oben geneigt sind und der Honig so leichter Richtung Oberträger aus den Zellen fliegen kann.
Blick in unsere Vier-Waben-Tangential-Schleuder. Die Laufrichtung muss immer in Richtung Unterträger gehen, da die Zellen nach oben geneigt sind und der Honig so leichter Richtung Oberträger aus den Zellen fliegen kann.

Schleudern

Meist bedient Micha auch die Schleuder oder lässt die kleinen Geschwister nur unter Aufsicht dran: Denn allzu leicht bricht das Wachs, wenn man zu ungeduldig "Gas" gibt. Wir haben eine Vier-Waben-Elektro-Schleuder, bei der die Waben von Hand gewendet werden müssen (Tangentialschleuder). Erst wird die eine Seite vorsichtig (bei niedrigem Tempo) kurz angeschleudert. Dann werden alle vier Waben gedreht und die zweite Seite kann richtig ausgeschleudert werden, weil jetzt von innen kein großer Gegendruck mehr herrscht, der die Mittelwand zerstören könnte. Dann müssen alle Waben zum zweiten Mal gedreht und zum dritten Mal geschleudert werden, um aus der anderen Seite den restlichen Honig zu holen.

 

Die ausgeschleuderten und noch stark nach Honig riechenden Waben werden erst abends bei Dunkelheit in die Völker zurückgehängt und zuvor mit Wasser besprüht. So halten wir die Aufregung gering und verhindern, dass sich die Völker gegenseitig ausräubern.

 

Jede Wabe muss in der Tangentialschleuder wie oben beschrieben zwei Mal gewendet werden! Hier demonstriert das der zweitjüngste Imker in der Familie: Mathis
Jede Wabe muss in der Tangentialschleuder wie oben beschrieben zwei Mal gewendet werden! Hier demonstriert das der zweitjüngste Imker in der Familie: Mathis
Der Honig läuft aus der Schleuder durch ein Doppelsieb (grob- und feinmaschig) ins Fass. Der erfahrene Imker kann auch am Fließprozess des Honigs überprüfen, ob dieser "reif" ist, d.h. wenig Feuchtigkeit enthält.
Der Honig läuft aus der Schleuder durch ein Doppelsieb (grob- und feinmaschig) ins Fass. Der erfahrene Imker kann auch am Fließprozess des Honigs überprüfen, ob dieser "reif" ist, d.h. wenig Feuchtigkeit enthält.

 

Sieben

Es freut alle Beteiligten, wenn endlich der Honig aus der Schleuder fließt und der Duft den Raum erfüllt. Es fliegen beim Schleudervorgang viele Wachsteilchen mit ab, die noch vom Entdeckeln an der Wabe hingen. Aber auch Pollen die in den Zellen von den Bienen eingelagert wurden, fließen nun mit aus der Schleuder und werden von einem Doppelsieb (grob- und feinmaschig) aufgefangen.

 

Klären

Dennoch muss der im Fass (Hobbock) gesammelte Honig noch "geklärt" werden: Nach Tagen im geschlossenen Behältnis bei Zimmertemperatur gelagert, sammelt sich an der Oberfläche eine feine Schaumschicht aus Wachsteilchen und Luftbläschen, die die Kundschaft als störend empfinden könnte. Wir schöpfen diese Schicht daher ab.

 

Rühren

Beim Auskristallisieren des Honigs muss dieser noch gerührt werden, damit er feincremig wird. Da wir unseren Honig nicht wärmebehandeln, wird er über kurz oder lang fest. Bei kühler Lagerung können sich dann auch einmal unter dem Glas "Blumen" bilden, die vom Krisallisierungsprozess stammen. Die Kunden wissen das als Gütezeichen zu deuten.

Dies ist kein Rapsfeld, sondern eine Zwischenfruchtmaßnahme unseres Landwirts, der dort eine Blühmischung aus Rübsen, Senf usw. ausbrachte.
Dies ist kein Rapsfeld, sondern eine Zwischenfruchtmaßnahme unseres Landwirts, der dort eine Blühmischung aus Rübsen, Senf usw. ausbrachte.

Jahresrückblick 2018 (Honigertrag)

Das Bienenjahr ging schnell zu Ende und schon Ende Juni schmissen die Bienen bei uns die Drohnen heraus. Da haben wir am 1. Juli bereits abgeschleudert und die Außenstände auch gleich aufgefüttert. Am Heimatstand wartete ich lieber ab, denn beim trockenen Sommer hatte ich so meine Hoffnung: Und siehe da, in die zurückgehängten Honigwaben sammelten die Bienen noch ganz dunklen Blatthonig. Zwar nicht viel, aber etliche Gläser für den Eigenbedarf.

 

Der Raps war für uns dieses Jahr dürftig: Von zwölf Völkern im Raps haben wir etwa genau so viel geerntet, wie von vier Völkern, die wir zu Hause beließen. Der Landwirt, der uns zur Bestäubung an sein Feld ließ, hatte schon überlegt, es umzupflügen, da es so kläglich dastand. 

Allerdings wurde die Obstblüte zu Hause auch von einer Blühfläche auf dem Nachbargrundstück unterstützt (s.o.).

Die Haupttracht bildete dieses Jahr der Sommerhonig von den Lindenbäumen, denen offenbar die Trockenheit weniger ausmachte, da die Wurzeln der Bäume bei uns schon nach wenigen Metern auf Grundwasser stoßen, was andernorts sicher nicht so war.

 

Imkerfrühstück

 

Bei uns landet der frisch geschleuderte Honig natürlich direkt auf dem Frühstückstisch. Da dürfen auch noch Wachsteilchen auf dem Honig schwimmen. Links im Bild der Lindenhonig, rechts daneben der dunkle Blatthonig. Für den Eigenbedarf auch einmal unettiketiert im Neutralglas. Honig ist eben nie gleich Honig. Da müssen schon immer mehrere Sorten auf dem Tisch stehen!

Blatthonig bzw. Waldhonig

In Ostfriesland haben wir, obwohl wir bereits 1999 mit unseren Bienen hierher gezogen sind, bisher noch nie so reinen Blatthonig geerntet. Dieser trockene Sommer bot offenbar erstmalig die Gelegenheit dazu, dass bestimmte Blattläuse sich ausreichend vermehren und Bäume anzapfen konnten. Bei Blatthonig handelt es sich bekanntlich nämlich nicht um Nektareintrag, sondern um Ausscheidungen von Lachniden. Auf welchen Bäumen diese sich so vermehren und deren Leitbahnen anzapfen konnten, habe ich nicht ausgemacht. Der dunkle Honig hebt sich schön von der hellen Wabe ab. Die Menge war jedoch so gering, dass die Bienen die Zellen noch nicht füllen und deckeln konnten. Da Bienen auf solchem Honig schlecht überwintern (er belastet den Darm), wird er besser aus den Völkern entfernt. Der relativ milde Winter in Ostfriesland bietet hingegen relativ häufig und meist frühe Gelegenheiten für Reinigungsflüge, so dass sich auch keiner wegen etwas Wald- oder Blatthonig im Winterrvorrat seiner Bienen ängstigen muss.

vSa